Beitragsfolge "80 Jahre Paul -
Guenther - Schule Geithain" (2)
Stiftung existiert und wirkt ununterbrochen
seit mehr als 80 Jahren
Im November 1919 besuchte Paul Guenther seine Heimatstadt. Wahrscheinlich
war es der erste Geithainbesuch seit seiner Auswanderung 1890 nach
USA. Mit großer Freude erfuhren die Geithainer von seinem Entschluss,
zur Erinnerung an seine Eltern und zum Nutzen der Stadt die "Bruno
& Therese Guenther - Stiftung" zu errichten. In den folgenden Monaten
erarbeiteten Beauftragte Vorschläge für eine Stiftungssatzung. Die
Beratungen zu diesen Vorschlägen und das Genehmigungsverfahren durch
verschiedene Finanz- und Steuerbehörden waren Herbst 1921 abgeschlossen.
Im November überwies Carl H. Fischer aus Chemnitz, Beauftragter
des Stifters und Repräsentant der Bank Emery&Beers Comp. Inc. in
New York, das erste Geld auf das Konto der neuen Stiftung.
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Eine Ausstellung in der Schule über die Biografie des Schulstifters,
sein Wirken in Dover/N.J., den Bau ab 1923 und die Einweihung
der Schule 1925. Herr Sommer aus Kanada erfuhr 1990 über die
Schrift „Vom Turm geschaut“ des Geithainer Heimatvereins e.V.
von der Wiedereinführung des alten Schulnamens. Seinem Engagement
verdanken wir die wesentliche Intensivierung der Forschungsarbeit,
deren Ergebnis sich 5 Jahre später zum 70. Weihejubiläum in
der Herausgabe einer ersten Guenther- Biografie durch den Heimatverein
zeigte. |
Die 14 Monate von November 1921 bis Ende 1922 werden
in den Akten als erstes Geschäftsjahr geführt. Im Stadtarchiv von
Geithain existieren mehrere dicke Ordner, die lückenlos von 1920
bis zur Gegenwart sowohl die gewissenhafte Arbeit des jeweiligen
Stiftungsvorstandes als auch das Wirken der Stiftung für Stadt,
Schule und Kirche sehr beeindruckend widerspiegeln. Die Beschäftigung
mit dem reichhaltigen Archivmaterial erfordert zwar Zeit, wird aber
für den Leser auch immer spannender. Es ist schon erstaunlich, dass
die Grundbestimmungen der Stiftungsurkunde von 1921 in den 8 Jahrzehnten
bis zur Gegenwart kontinuierlich erfüllt wurden, trotz vieler und
drastischer politischer Veränderungen. Natürlich gab es mehrere
Neufassungen bzw. Nachträge der Stiftungssatzung.
Das Geburtshaus Guenthers, ursprünglich Bestandteil des Stiftungsvermögens
und damit hälftig Kirche und Stadt zugehörig, wurde 1928 der Kirche
alleinig übereignet. Veränderungen traten ein nach dem Tod Guenthers
1932. In seinem Testament hatte er seine Heimatstadt mit 50.000$
bedacht, allerdings nicht in bar, sondern in Form von Grundstücken,
Hypotheken und Industriepapieren. Die langwierigen Verhandlungen
bis zum Antritt des Erbes durch die Stiftung im Jahre 1940 nehmen
einen großen Teil der Akten im Stadtarchiv ein.
Im Jahr 1941 fand die erste Betriebsprüfung der Stiftung durch
das Finanzamt Rochlitz statt. Im Prüfungsbericht wird dem Stiftungsvorstand
eine gewissenhafte Arbeit bescheinigt. Er enthält aber auch eine
Empfehlung, die im Folgejahr 1942 zu einem aus steuerlichen Gründen
vollzogenem Austritt der Kirche aus der Stiftung führte. Der Auseinandersetzungsvertrag
regelte ausführlich und korrekt die Aufteilung des Stiftungsvermögens.
1942 erfolgte deshalb eine Änderung der Stiftungssatzung, die bis
1947 galt.
Interessant ist nun, dass über Jahrzehnte als Stiftungsvermögen
immer wieder die gleiche Summe genannt wird. In Dokumenten aus den
Jahren 1942, 47, 59, 77 und schließlich 1990 vor Umstellung auf
DM finden wir die Zahl 93.487,50 Reichsmark bzw. Mark. Die Stiftung
funktionierte, wie die Jahreszahlen bereits andeuten, über die ganze
DDR- Zeit hinweg. Die Archivmaterialien weisen eine ganz korrekte
Verwaltung mit regem Schriftverkehr aus. Die Geithainer Öffentlichkeit
hat darüber nie etwas erfahren.
Warum, weshalb und mit welchen Folgen soll im 3. Teil beschrieben
werden.
Dr.G.Senf
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