Aktualisiert am 21-Mai-2004  
   
 
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Die Geithainer Kalandstube

Wir befinden uns in der Kalandstube in der Alten Kapelle, einem Festungswerk, auf dem 1570 das jetzige Pfarrhaus errichtet worden ist. 1447 werden die Altäre der Nikolai-Kirche aufgezählt, unter vielen anderen ein "altare calendarum in der alten Kapelle". An den ersten Tagen des Monats, eben den Kalendertagen, sind hier die Kalandbrüder (geistlich weltlich/männlich, weiblich, aber wohl nie mehr als 24) zusammengekommen.

Zuerst feierte man einen Gottesdienst, dann wurden finanzielle und organisatorischen Dinge besprochen, anschließend hielt man einen Schmaus. Die Kalandbrüder gab es in ganz Europa, etwa seit dem 9.Jahrhundert. Sie wollten das kirchliche Leben bereichern und nahmen sich besonders des Totengedächnisses an. Man konnte bei ihnen Seelenmessen für die Verstorbenen bestellen. Natürlich gegen eine Gebühr.

Sie sollen auch an den Gräbern gesungen haben. Manche Forscher nehmen an, dass die späteren Kantoreigesellschaften der Nachreformationszeit aus den Kalandbrüdern hervorgegangen sind. Unsere fast 400-jährige Geithainer Kantorei hat ganz sicher Traditionen der Kalandbrüder übernommen. Die Kalandbrüder waren untereinander versichert, sie hatten eine gute Gemeinschaft untereinander. Vielleicht haben sie sich sogar eine Art Sterbehilfe geleistet. Letzteres würde erklären, dass sie von der weltlichen und geistlichen Obrigkeit nicht so gern gesehen worden sind! Dort wo Bischöfe oder Fürsten saßen, dort gibt es auch keine Kalandbruderschaften.

die weibliche Selbstmörderin

Die weiblichen Selbstmördergestalten in unserer Geithainer Kalandstube deuten darauf hin. Auch die Sprüche über der Tür geben Einblicke "OMNIBUS PERIBUS AVIS ET NON PECCART" - alle Menschen müssen sterben, aber ich bin ohne Schuld. Darunter wird gesagt, dass der Mensch in seinem Verstand die Zeiten bedenken soll, nämlich in Bezug auf die Vergangenheit "BONUM OMMISSVM" was hast du Gutes zu tun unterlassen; "MALVM COMMISSVM" was hast du Schlechtes zugelassen; "TEMPUS EMMISSUM" wie ist die Zeit verflossen.

In der Gegenwart ist (schwierig zu übersetzen) ein gesundes Leben zu führen. Was die Zukunft anbelangt, so bedenke die furchtbaren Qualen des Gerichtes, des Todes und der Hölle. Weiterhin schmücken viele biblische Gestalten die Kapelle. Am auffälligsten ist Josua, der mit der Hand ins gelobte Land weist: das ist die Tür zum WC, zum Windclosett.

Von hier aus bietet sich ein wunderschöner Blick auf die Stadt - Vorsicht bitte beim Zurückgehen! Kopf einziehen! Vom Geithainer Kaland wird erzählt, dass er dem Rat der Stadt 2000 Gulden borgte, der hat sich davon die Fürstenteiche gekauft. Um zu verstehen wieviel Geld das ist, sei angemerkt, dass damals eine Mastochse 3 Gulden kam!

Endgültig ausgemalt wurde der Raum 1562 laut der Inschrift über dem Fenster. Die Kalandbruderschaft starben in der Reformationszeit aus, nur der "Braunschweiger Kaland" hatte bis ins vorige Jahrhundert aus erbrechtlichen Gründen Bestand. Die ornamentale Ausschmückung unserer Kalandstube erinnert an einen Raum im Schloss Strehla bei Meissen.



Sie ist einzigartig im Land! Bis vor kurzem war hier das Pfarrarchiv untergebracht. 1990 restauriert und konserviert, unter den West/Ostwänden sind noch weitere Malerein, die sofort hervorgeholt werden könnten, wenn die Denkmalpflege so entscheidet, hier hingen früher wertvolle Bilder, die noch restauriert werden müssen.

 
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